Die Gründerfamilien
Thyssen
August Thyssen (17. Mai 1842 - 4. April 1926)
August Thyssen wird am 17. Mai 1842 als drittes Kind und erster Sohn einer wohlhabenden katholischen Unternehmerfamilie in der Industrie- und Bergbaustadt Eschweiler nahe Aachen geboren. Sein Vater Friedrich (1804 - 1877) leitet 15 Jahre lang das erste Stahldrahtwalzwerk in der Rheinprovinz, bevor er eine Bank gründet. Fleiß, Anspruchslosigkeit und Sparsamkeit der Eltern prägen den Heranwachsenden stark. Nach der Rektoratsschule in Eschweiler besucht August die Höhere Bürgerschule in Aachen, bevor er 1859 für zwei Jahre an die Polytechnische Schule in Karlsruhe wechselt, um Maschinenbau und Bauwesen zu studieren. 1861 geht er für ein Jahr nach Antwerpen an die Handelshochschule "Institut Supérieur du Commerce de l'État", um anschließend im Bankgeschäft seines Vaters zu arbeiten.
August Thyssen besitzt eine für seine Zeit gute technische und kaufmännische Ausbildung, als er sich 1867 zusammen mit seinem Schwager Bicheroux erstmals an einer Unternehmensgründung (Thyssen, Fossoul & Co.) in Duisburg beteiligt. Nach nur vier Jahren und einer Vervierfachung des eingesetzten Kapitals verlässt er das Unternehmen, um sich selbstständig zu machen. Zusammen mit seinem Vater als Teilhaber gründet er am 1. April 1871 in Styrum bei Mülheim an der Ruhr das Bandeisenwalzwerk Thyssen & Co.
Nach dem Tod des Vaters 1877 tritt Augusts jüngerer Bruder Joseph (1844 - 1915) als Mitinhaber in das Unternehmen ein. Dadurch gewinnt August Thyssen Zeit für weitere unternehmerische Aktivitäten, zunächst im Ruhrgebiet, später auch in Frankreich und Übersee. 1872 heiratet August Thyssen Hedwig Pelzer (1854 - 1940), die Tochter des Mülheimer Unternehmers Johann Heinrich Pelzer. In den folgenden Jahren werden vier Kinder geboren: Fritz (1873 - 1951), August (1874 - 1943), Heinrich (1875 - 1947) und Hedwig (1878 - 1960). Die Ehe wird 1885 geschieden; die Kinder wachsen beim Vater auf.
Seit 1878 engagiert sich August Thyssen zunächst in der Weiterverarbeitung seiner bei Thyssen & Co. gefertigten Produkte, u. a. indem er Röhren für Gasleitungen fertigt. 1882 lässt er in Styrum Bleche walzen, für die er zwei Jahre später eine Verzinkerei aufbaut. Den Grundstein für seine Maschinenfabrik Thyssen & Co. legt er 1883 mit dem Kauf einer benachbarten Maschinenbaufirma.
Den Schritt zum Vertikalkonzern macht August Thyssen 1891 bei der Steinkohlenzeche Gewerkschaft Deutscher Kaiser in [Duisburg-]Hamborn, die er zu einem integrierten Hüttenwerk am Rhein ausbaut. Unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg beginnt er mit der Internationalisierung seines Konzerns (Niederlande, Großbritannien, Frankreich, Russland, Mittelmeerraum, Argentinien).
Das Ende des Ersten Weltkriegs bedeutet für August Thyssen nicht nur den Verlust zahlreicher Auslandsbeteiligungen und der lothringischen Unternehmen, sondern auch das Ende seiner unternehmerischen Expansion. 1925, damals über 80 Jahre alt, besitzt er noch immer die alleinige Verfügungsgewalt über seine Unternehmungen und stimmt grundsätzlich der Einbringung seiner Firmen in einen neuen Konzern, die Vereinigte Stahlwerke AG, zu. Am 4. April 1926 stirbt August Thyssen auf Schloss Landsberg bei Essen. Im Gegensatz zu seinen Söhnen Heinrich und Fritz sammelt er - mit Ausnahme von sieben Rodin-Plastiken - keine nennenswerten Kunstwerke. Seine Söhne Heinrich und Fritz teilen sein industrielles Erbe auf. Der arbeitsbesessene und äußerst kreative Unternehmer August Thyssen perfektioniert den Gedanken des vertikalen Unternehmensverbundes. So errichtet er in Mülheim an der Ruhr ein Maschinenbauunternehmen, um die für seine Betriebe notwendigen Großgasmaschinen selbst herzustellen. Aus den gleichen Gründen beteiligt er sich an der Stahlweiterverarbeitung, an der Stahlveredelung und am Schiffbau. Ohne eigene technische Inventionen, aber an Innovationen durchaus immer interessiert, gelang es ihm, von einem mittelständischen Unternehmer zu einem der ganz großen deutschen Eigentümer-Unternehmer des ersten Viertels des 20. Jahrhunderts aufzusteigen. Die Unternehmensgewinne investiert er unmittelbar in den weiteren Ausbau seines Konzerns. Neben dieser Unternehmensmaxime hat August Thyssen mehrere Millionen Mark für die unterschiedlichsten sozialen Zwecke (u. a. August-Thyssen-Stiftung Waisen- und Altersheim Franziskushaus in Mülheim an der Ruhr) gestiftet. Sein soziales Engagement ist jedoch bis heute kaum bekannt. Ein Grund dafür mag sein, dass August Thyssen jede Art der öffentlichen Selbstdarstellung vermied. Seine politische Einstellung ist konservativ, deutsch-national. In Wirtschaftsfragen wendet er sich prinzipiell gegen Kartelle und Syndikate, beteiligt sich aber dennoch an ihnen, wenn es zu seinem Nutzen ist, ohne darin eine führende Rolle zu spielen.
Fritz Thyssen (9. November 1873 - 8. Februar 1951), Amélie Thyssen (11. Dezember 1877 - 25. August 1965) und Anita Gräfin Zichy-Thyssen (13. Mai 1909 - 20. August 1990)
Fritz Thyssen ist der älteste Sohn von August Thyssen (1842 - 1926) und Hedwig Pelzer (1854 - 1940). Nach seinem Studium der Bergbau- und Eisenhüttenkunde in London, Lüttich und [Berlin-]Charlottenburg beruft ihn sein Vater 1897 in den Grubenvorstand der Gewerkschaft Deutscher Kaiser. Nach der Jahrhundertwende tritt Fritz Thyssen als Vertreter seines Vaters in die Aufsichtsräte verschiedener Konzerngesellschaften ein und arbeitet in der Leitung ausländischer Konzerngesellschaften mit. Bis zum Tod August Thyssens entwickelt er die Thyssenhütte technisch weiter, insbesondere nach dem Ersten Weltkrieg modernisiert und rationalisiert er das Hüttenwerk. In seinem Handeln steht er jedoch immer im Schatten des Vaters. 1900 heiratet Fritz Thyssen gegen den Widerstand seines Vaters Amélie Zurhelle, Tochter eines Fabrikanten aus Mülheim am Rhein. Dem Paar wird 1909 das einzige Kind Anita geboren.
Am Ersten Weltkrieg nimmt Fritz Thyssen als Freiwilliger teil, muss aber 1916/17 wegen eines Lungenleidens entlassen werden. Während der französisch-belgischen Ruhrbesetzung 1923 lehnt er als Sprecher der betroffenen Montanunternehmen die Befehle der Besatzungsmacht als ungesetzlich ab, wird daraufhin verhaftet, mit anderen Unternehmern vor ein französisches Militärgericht gestellt und zu einer Geldstrafe verurteilt. "Wegen seiner Verdienste um die Erhaltung des deutschen Rechts während des Ruhrkampfs" verleiht ihm die Universität Freiburg nur wenige Wochen später den juristischen Ehrendoktor. Fritz Thyssen sucht dennoch den Ausgleich mit Frankreich; er beteiligt sich Mitte der 1920er-Jahre an deutsch-französischen Wirtschaftsverhandlungen zur Gründung der Internationalen Rohstahlgemeinschaft. Bei der Gründung der Vereinigte Stahlwerke AG, deren Errichtung er und sein Vater im Gegensatz zu seinem Bruder Heinrich Thyssen-Bornemisza (1875 - 1947) zustimmen, wird er 1926 als Vertreter des größten Privataktionärs (26 %) zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats gewählt. Den Vorsitz im Vorstand strebt er nicht an. In Vereinigungen und Verbänden (Verein deutscher Eisenhüttenleute, Reichsverband der deutschen Industrie, Zentralausschuss der Reichsbank etc.) ist er an führender Stelle tätig. Fritz Thyssen ist ein konservativer Nationalist, aber kein Realist. Bis 1932 gehört er der Deutschnationalen Volkspartei an und zählt zu den Anhängern der Ständestaat-Ideen des Volkswirtschaftlers, Philosophen und Soziologen Othmar Spann. Teile der NSDAP unterstützen zunächst die Ständestaat-Idee, weshalb die Partei Fritz Thyssen 1933 beauftragt, ein "Institut für Ständewesen" in Düsseldorf aufzubauen. Das bald nicht mehr der NS-Wirtschaftspolitik entsprechende Institut wird im Sommer 1936 geschlossen. Zum 1. Mai 1933 tritt Fritz Thyssen in die NSDAP ein, die er vorher mit finanziellen Beiträgen unterstützte, deren Höhe meist überschätzt wird. Insgesamt hat Fritz Thyssen, wie in dem von den Alliierten angeordneten Entnazifizierungsverfahren 1948 festgestellt wird, zwischen 1923 und 1932 rund 650.000 RM für verschiedene rechte und konservativ-nationale politische Parteien und Gruppierungen einschließlich der NSDAP zur Verfügung gestellt. Auf Wunsch Hitlers wird er Reichstagsabgeordneter und zum Preußischen Staatsrat ernannt. Nach 1934 (sogenannter Röhm-Putsch) distanziert sich Fritz Thyssen mehr und mehr von der NSDAP und ihren Zielen, bleibt aber Mitglied der Partei und des Reichstags. Seine Distanzierung zur NS-Politik gipfelt im offenen Bruch, als Fritz Thyssen nicht zur Reichstagssitzung nach Berlin kommt, um dem am 1. September 1939 erfolgten deutschen Angriff auf Polen zuzustimmen, sondern Hermann Göring offen telegrafiert: "... Ich bin gegen den Krieg. ..."
Fritz Thyssen flieht mit seiner Familie über die Schweiz nach Frankreich, um von dort nach Argentinien auszuwandern, wird aber vom deutschen Angriff auf Frankreich überrascht. In diese Zeit fällt die Abfassung der sogenannten Autobiografie, die unter dem Titel "I paid Hitler" 1941 in New York erschienen ist. Herausgeber ist der Journalist Emery Reves, ein Amerikaner ungarischer Abstammung. Der Text beruht auf Diktaten, die Fritz Thyssen selbst nur in den ersten neun Kapiteln noch redigiert hat. Der Rest, aus dem meist zitiert wird, ist mit phantasievollen Ausschmückungen des Herausgebers angereichert und als Quelle für Thyssens tatsächliches Handeln und seine Rolle bis 1939 nur eingeschränkt geeignet. Schon der Titel des Buches ist irreführend, und deshalb bestritt Thyssen stets seine Authentizität. Die Spruchkammer im Entnazifizierungsverfahren schloss sich seiner Meinung an. Fritz Thyssen und seine Frau Amélie gehören zu den ersten Deutschen, die Vichy-Frankreich Ende 1940 an die Nationalsozialisten ausliefert. Ihr Vermögen beschlagnahmt der Staat. Nach zweijähriger Unterbringung in der geschlossenen Abteilung eines Sanatoriums bei Berlin werden beide inhaftiert zunächst im KZ Sachsenhausen, im Februar 1945 im KZ Buchenwald und schließlich im KZ Dachau. Zusammen mit anderen prominenten Häftlingen des Regimes werden sie während des Transports in die Alpen von deutschen und US-amerikanischen Soldaten befreit. Fritz Thyssen wird erneut - diesmal als Unterstützer der NSDAP - inhaftiert und muss sich schließlich nur einem Entnazifizierungsverfahren stellen. Er wird als "minderbelastet" eingestuft. Als Sühne sollen 15 % seines deutschen Vermögens eingezogen werden. Es kommt zum Vergleich: Thyssen zahlt gegen die Aufhebung der Beschlagnahme seines Vermögens 500.000 DM für die Begleichung der Verfahrenskosten. Als freier Mann reist er im Januar 1950 - zehn Jahre später als ursprünglich geplant - mit seiner Frau zu seiner bei Buenos Aires lebenden Tochter Anita, die seit 1936 mit dem ungarischen Grafen Gabor Zichy (1910 - 1972) verheiratet ist. Aus dieser Ehe gehen zwei Söhne Federico (* 1937) und Claudio (* 1942) Zichy-Thyssen hervor. In Argentinien erliegt Fritz Thyssen am 8. Februar 1951 einem Herzschlag. Zusammen mit seinem Vater und seinem Bruder Heinrich ist er in der Familiengruft auf Schloss Landsberg bei Essen beigesetzt. Seine Frau Amélie und seine Tochter Anita sind ebenfalls dort begraben.
Der organisatorische Wiederaufbau der Thyssen-Gruppe nach dem Zweiten Weltkrieg wird von Amélie Thyssen begleitet. Am 7. Juli 1959 errichten die beiden Erbinnen von Fritz Thyssen, seine Frau Amélie Thyssen und seine Tochter Anita Gräfin Zichy-Thyssen, die Fritz Thyssen Stiftung zur Förderung der Wissenschaften mit einem Kapital von nominell 100 Mio. DM Aktien der 1953 errichteten August Thyssen-Hütte AG. Es ist die erste große private wissenschaftliche Einzelstiftung, die nach dem Zweiten Weltkrieg in der Bundesrepublik Deutschland gegründet wird.
Heinrich Thyssen-Bornemisza (31. Oktober 1875 - 26. Juni 1947)
Der jüngste Sohn von August Thyssen (1842 - 1926) und Hedwig Pelzer (1854 - 1940) studiert Chemie, Physik und Mineralogie in München, Berlin, Bonn und Heidelberg, wo er 1900 im Fach Chemie promoviert wird.
Nach seiner Heirat mit der ungarischen Baronesse Margareta Bornemisza (1887 - 1971) adoptiert ihn sein Schwiegervater, der keinen männlichen Erben hat. Franz Joseph I., Kaiser von Österreich und König von Ungarn, verleiht Heinrich Thyssen und seinen Nachfahren 1907 das Recht, Namen und Wappen der Bornemisza de Kászon sowie das Adelsprädikat Baron zu führen. Die ungarische Staatsbürgerschaft behält Heinrich Thyssen-Bornemisza bis zu seinem Tod 1947, dennoch agiert er in den 1920er- und 1930er-Jahren zeitweise deutschnational. Der Ehe entstammen vier Kinder, u. a. Hans Heinrich (1921 - 2002). Nach dem Ersten Weltkrieg und Flucht aus Ungarn übersiedelt Heinrich Thyssen-Bornemisza mit seiner Familie nach Den Haag, wo er die Leitung der Thyssenschen Auslandsinteressen übernimmt, deren bedeutendste inzwischen die Bank voor Handel en Scheepvaart geworden ist. Heinrich Thyssen-Bornemisza vermeidet unternehmerische Abhängigkeiten, weshalb er es nach dem Tod des Vaters 1926 ablehnt, sich mit seinem Erbe an dem neu entstehenden Trust Vereinigte Stahlwerke AG zu beteiligen. Aus diesem Grund wird das industrielle Erbe August Thyssens zwischen seinen Söhnen Fritz und Heinrich aufgeteilt. Heinrich Thyssen-Bornemisza übernimmt diejenigen Vermögenswerte, die nicht auf die Vereinigte Stahlwerke AG übergehen, insbesondere die niederländischen Bank-, Handels- und Transportgesellschaften, aber auch deutsche Firmen (August Thyssen-Bank AG, Preß- und Walzwerk AG, Thyssensche Gas- und Wasserwerke GmbH u. a.), die er zunächst in der August Thyssensche Unternehmung des In- und Auslandes GmbH zusammenfasst. Die meisten Firmen werden später in einer selbstständigen Unternehmensgruppe Thyssen-Bornemisza organisatorisch vereint, die sich in den folgenden Jahrzehnten zu einer vorwiegend international tätigen Holding für zahlreiche, breitgefächerte industrielle und Dienstleistungsaktivitäten entwickelt.
Während Heinrich Thyssen-Bornemisza als Unternehmer erfolgreich ist, aber bewusst in der Anonymität wirkt, wird er als Kunstsammler und Kunstkenner international bekannt und berühmt. Im Laufe der 1920er-Jahre trägt Heinrich Thyssen-Bornemisza eine Kunstsammlung zur europäischen Malerei vom 14. bis zum frühen 19. Jahrhundert von beträchtlichem Umfang und von höchster Qualität zusammen. 1932 erwirbt er die Villa Favorita in Castagnola-Lugano, siedelt nach dort über und richtet einen großzügigen Galerietrakt für seine Kunstsammlung ein. Nach seinem Tod 1947 macht sein Sohn Hans Heinrich Thyssen-Bornemisza die Galerie öffentlich zugänglich.
Krupp
Friedrich Krupp (17. Juli 1787 - 8. Oktober 1826), Therese Krupp (28. August 1790 - 3. August 1850)
Seit 1587 ist die Familie Krupp in Essen nachgewiesen, ihre Mitglieder üben vor allem kaufmännische und kommunale Tätigkeiten aus. Friedrich Krupp, dessen Vater bereits 1795 gestorben war, besucht nur bis zum Alter von 14 Jahren das Gymnasium, um dann - zeitweise in der Kolonialwarenhandlung seiner geschäftlich sehr erfolgreichen und auch unternehmerisch tätigen Großmutter Helene Amalie Krupp (1732 - 1810) - eine kaufmännische Lehre zu absolvieren. Grundkenntnisse der Hüttentechnik erhält er seit 1805 in der seiner Großmutter gehörenden Hütte "Gute Hoffnung". Mitte 1807 überträgt sie ihm diese Hütte, macht die Übereignung aber ein Jahr später wieder rückgängig, weil seine Tätigkeit dort nicht sehr erfolgreich verläuft. 1808 heiratet Friedrich Krupp Therese Wilhelmi, Tochter des Essener Kaufmannes Johann Wilhelmi. In den Folgejahren werden vier Kinder geboren: Ida (1809 - 1882), Alfred (1812 - 1887), Hermann (1814 - 1879) und Friedrich (1820 - 1901). Krupp betreibt seit 1808 mit Teilhabern ein Geschäft mit holländischen Kolonialwaren und übernimmt nach dem Tod seiner Großmutter 1810 deren Kolonialwarenhandlung. Bald darauf gibt er jedoch diese Geschäfte auf, um sich der Herstellung von Gussstahl zuzuwenden.
Am 20. November 1811 gründet Friedrich Krupp während der Kontinentalsperre Napoleons gegen England mit zwei Teilhabern eine Fabrik zur Herstellung von Gussstahl englischer Qualität und den daraus angefertigten Produkten. Er führt seit 1816 den Betrieb allein und entwickelt ein Verfahren für die Herstellung von hochwertigem Tiegelstahl, den er in Form von Stangen, Gerberwerkzeugen, Münzstempeln und Walzenrohlingen anbietet. Die Qualität seines Gussstahls wird 1817 von der Düsseldorfer Münze bestätigt. Nach diesem anfänglichen Erfolg gelingt es Friedrich Krupp jedoch nicht, den Betrieb langfristig gewinnbringend zu betreiben. Der Neubau eines Fabrikgebäudes führt zu Mangel an Betriebskapital, so dass er die Nachfrage nach den Produkten nicht in der erforderlichen Qualität befriedigen kann. Friedrich Krupp fühlt sich der Stadt sehr verbunden und engagiert sich stark in städtischen Ämtern. In seinen letzten Lebensjahren schränken Krankheiten seine Arbeitskraft ein. Als Friedrich Krupp 1826 stirbt, ist die Tiegelstahlproduktion fast zum Erliegen gekommen. Seine Witwe Therese führt, unterstützt von ihrem ältesten Sohn Alfred und Verwandten, den Betrieb weiter, dessen Inhaberin sie bis 1848 bleibt.
Alfred Krupp (26. April 1812 - 14. Juli 1887)
Alfred Krupp, zweites Kind und ältester Sohn von Friedrich (1787 - 1826) und Therese (1790 - 1850) Krupp, muss den Besuch des Gymnasiums abbrechen und den Plan einer Lehre in der Düsseldorfer Münze aufgeben, als sein Vater schwer erkrankt. Er tritt in den Betrieb ein und unterstützt seine Mutter, als sie nach dem Tod des Vaters 1826 das Unternehmen weiterführt, auch die Schwester und später die Brüder arbeiten mit. Produziert werden Gussstahl, Gerbergeräte, Münzstempel und Walzen.
1848 wird Alfred Krupp alleiniger Eigentümer des Unternehmens, das seit 1850 seinen ersten großen Expansionsschub erlebt. Der ebenfalls sehr tüchtige Bruder Hermann (1814 - 1879) übernimmt 1849 die sechs Jahre vorher von Krupp gemeinsam mit Alexander Schöller in Berndorf bei Wien gegründete Metallwarenfabrik. Hier werden Bestecke in einem Walzverfahren hergestellt, das die Brüder gemeinsam entwickelt haben. Auch der jüngste Bruder Friedrich ist fortan nicht mehr im Unternehmen tätig.
Hauptprodukte der Firma Krupp sind Maschinen und Maschinenteile aus hochwertigem Gussstahl, vor allem Eisenbahnzubehör, hier besonders die nahtlosen Eisenbahnradreifen, und seit 1859 in größerem Umfang Geschütze. Rohstoffe und Vormaterial für die Produktion sichert Krupp durch den Erwerb von Erzlagerstätten, Kohlezechen und Hüttenwerken. Beim Tod Alfred Krupps 1887 zählt das Unternehmen 20.200 Mitarbeiter. Sein großer unternehmerischer Erfolg basiert auf der Qualität der Produkte, planmäßiger Absatzsicherung, der Anwendung neuer wirtschaftlicher Stahlgewinnungsverfahren, guter innerbetrieblicher Organisation und der Heranbildung einer festen, hoch qualifizierten Stammarbeiterschaft auch durch umfassende betriebliche Sozialleistungen.
1853 heiratet Alfred Krupp die viel jüngere Bertha Eichhoff (1831 - 1888), Tochter des pensionierten Rheinzollinspektors August Eichhoff aus Köln. 1854 wird der einzige Sohn Friedrich Alfred geboren.
Zeit seines Lebens widmet sich Alfred Krupp vorrangig dem Unternehmen und dessen langfristiger Sicherung. Er begründet die bei Krupp fortan befolgten Prinzipien, dass die Erträge im Unternehmen verbleiben und dass das Unternehmen im Erbfall ungeteilt auf nur einen Erben übergeht. Im persönlichen Leben eher bescheiden, setzt er schon früh die Darstellung des Unternehmens, seiner Produkte und auch der betrieblichen Sozialeinrichtungen in der Öffentlichkeit als Mittel der Werbung ein. Engagement in politischen Gremien oder Verbänden lehnt Krupp ebenso ab, wie die Erhebung in den Adelsstand. Privat liebt er das Theater, Musik und die kleine Geselligkeit im Kreise vertrauter Freunde und Verwandter, schafft aber zugleich mit dem Bau der Villa Hügel 1870 - 1873 den Rahmen, um geschäftliche Besucher repräsentativ empfangen zu können. Im Alter zieht er sich auf den Hügel zurück, greift aber auch von hier aus häufig - meist schriftlich - in das Firmengeschehen ein.
Friedrich Alfred Krupp (17. Februar 1854 - 22. November 1902), Margarethe Krupp (15. März 1854 - 24. Februar 1931)
Friedrich Alfred Krupp, der einzige Sohn von Alfred (1812 - 1887) und Bertha (1831 - 1888) Krupp, wird - von Jugend an kränklich - zunächst von Hauslehrern unterrichtet und besucht dann zwei Jahre lang das Burggymnasium in Essen. Persönlich interessiert sich Friedrich Alfred Krupp sehr für Metallurgie und hätte gern eine Technische Hochschule besucht. Dem Wunsch seines Vaters folgend tritt er aber 1875, im Alter von 21 Jahren, in das Unternehmen ein. Er erhält kein eigenes Aufgabengebiet, vielmehr wird er in der Folgezeit mehr und mehr zum Mittelsmann zwischen seinem zurückgezogen in der Villa Hügel lebenden Vater und den leitenden Mitarbeitern im Unternehmen. Dadurch erwirbt er Einblick in das gesamte Unternehmen und taktisches Geschick bei Verhandlungen. 1882 erhält er Prokura und im gleichen Jahr erlaubt ihm der Vater, wenigstens für einige Monate die Technische Hochschule in Braunschweig zu besuchen. Auf sein Betreiben entsteht 1883 im Unternehmen ein zweites chemisches Laboratorium mit wissenschaftlicher Zielsetzung, dessen Leitung er einem Braunschweiger Dozenten überträgt.
Friedrich Alfred Krupp heiratet im Jahr 1882 Margarethe von Ende, Tochter des preußischen Oberpräsidenten August Freiherrn von Ende. Sie war von zehn Geschwistern das vierte Kind und die älteste Tochter. Früh mit hausfraulichen Aufgaben betraut, besucht sie nur für zwei Jahre eine höhere Töchterschule. Gegen den Wunsch ihrer Mutter setzt sie den Besuch eines Lehrerinnenseminars durch und ist zunächst in England und anschließend am Hof von Sachsen-Anhalt in Dessau als Erzieherin tätig. Friedrich Alfred Krupp lernt sie bereits 1872 kennen, als sie ihren Vater bei einem Besuch nach Essen begleitet. Dessen Vater, Alfred Krupp, lehnt zunächst die Eheschließung seines Sohnes mit einer Adligen ab, stimmt aber schließlich doch zu. Die beiden Töchter Bertha und Barbara werden 1886 und 1887 geboren.
Nach dem Tod seines Vaters 1887 setzt Friedrich Alfred Krupp den Ausbau des Unternehmens zu einem horizontal und vertikal gegliederten Konzern fort. Dies geschieht durch die Angliederung des Grusonwerks in Magdeburg 1892/94 sowie die Übernahme der Schiff- und Maschinenbau AG Germania in Kiel 1896/1902. Mit dem integrierten Hüttenwerk in Rheinhausen kann 1897 die Roheisen- und Stahlbasis des Konzerns erweitert werden. Die Produktpalette erweitert Friedrich Alfred Krupp durch die Aufnahme der Herstellung von Panzerplatten, von Schiffen und U-Booten sowie von Dieselmotoren. Von 1887 bis 1902 steigt die Zahl der Beschäftigten von 20.200 auf 43.000.
Friedrich Alfred Krupps besonderes Augenmerk gilt der Stahlerzeugung. Er führt die wissenschaftlich orientierte Stahlforschung bei Krupp ein und schafft damit eine Voraussetzung vor allem für die erfolgreiche Fortentwicklung der Edelstahlproduktion. Im gesamten Konzern, auch in den neu erworbenen Werken, baut er die betrieblichen Sozialeinrichtungen großzügig aus.
Wie sein Vater lehnt Friedrich Alfred Krupp die Erhebung in den Adelsstand ab. In seinem politischen Engagement, seiner zeitweiligen Mitgliedschaft im Reichstag und seinem Einsatz für die kaiserliche Flottenpolitik, vor allem im Flottenverein, agiert er nicht sehr erfolgreich. Wissenschaftliche Anerkennung genießen dagegen die Ergebnisse der von ihm in Zusammenarbeit mit der Zoologischen Station Neapel durchgeführten Erforschung der Flora und Fauna der Tiefsee.
Nach Friedrich Alfred Krupps frühem und unerwarteten Tod wird das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, bei der die Aktien weitestgehend im Besitz der älteren Tochter und Erbin Bertha Krupp bleiben. Die Unternehmensleitung liegt jetzt bei Vorstand und Aufsichtsrat. Da Bertha Krupp noch minderjährig ist, nimmt ihre Mutter, Margarethe Krupp, deren Rechte als Inhaberin bis zur Großjährigkeit bzw. zur Hochzeit wahr und steht damit de facto an der Spitze des Unternehmens. Sie tut dies mit Erfolg und Sachverstand. Besonders engagiert sie sich darüber hinaus in Planung und Bau der Siedlung Margarethenhöhe, der sie sich - wie auch den übrigen Sozialeinrichtungen - Zeit ihres Lebens besonders verpflichtet fühlt.
Gustav Krupp von Bohlen und Halbach (7. August 1870 - 16. Januar 1950), Bertha Krupp von Bohlen und Halbach (29. März 1886 - 21. September 1957)
Gustav von Bohlen und Halbach, fünfter Sohn von sieben Kindern von Gustav (1831 - 1890) und Sophie (1837 - 1915) von Bohlen und Halbach, besucht in Karlsruhe das Gymnasium und studiert anschließend Rechts- und Staatswissenschaften. Nach seiner Promotion 1893 tritt er in den badischen Staatsdienst, 1897 in das Auswärtige Amt in Berlin ein. Seit 1899 ist er als Legationssekretär zunächst an der Botschaft in Washington, dann an der Gesandtschaft in Peking tätig. 1904 wird er an die preußische Gesandtschaft beim Vatikan berufen und lernt in Rom Bertha Krupp kennen.
Bertha Krupp, die ältere Tochter von Friedrich Alfred Krupp (1854 - 1902) und Margarethe Krupp (1854 - 1931), wird zunächst gemeinsam mit ihrer Schwester Barbara (1887 - 1972) privat in der Villa Hügel unterrichtet. Ergänzend besuchen die Schwestern eine Haushaltungsschule für höhere Töchter in Baden-Baden. Nach dem Tod ihres Vaters 1902 wird Bertha Krupp Inhaberin des Unternehmens, das seit 1903 in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft geführt, dabei aber weitestgehend im Familienbesitz bleibt. Da Bertha Krupp noch minderjährig ist, nimmt ihre Mutter, Margarethe Krupp, deren Rechte als Inhaberin wahr. 1906 heiratet Bertha Krupp den Legationsrat Gustav von Bohlen und Halbach, der bei der Hochzeit durch königlich-preußischen Erlass das Recht erhält, seinem Familiennamen den Namen Krupp voranzustellen. Dem Paar werden sechs Söhne und zwei Töchter geboren: Alfried (1907-1967), Arnold (1908 - 1909), Claus (1910 - 1940), Irmgard (1912 - 1998), Berthold (1913 - 1987), Harald (1916 - 1983), Waldtraut (1920 - 2005) und Eckbert (1922 - 1945).
Gustav Krupp von Bohlen und Halbach wird Ende 1906 in den Aufsichtsrat der Fried. Krupp AG berufen und ist dessen Vorsitzender von 1909 bis Ende 1943. In dieser Zeit werden die wirtschaftliche und die Produktentwicklung des Krupp-Konzerns maßgeblich durch die allgemeinen politischen Ereignisse bestimmt: die Ausweitung des Rüstungsbereichs im Ersten Weltkrieg, die Produktionsumstellung als Folge des Versailler Vertrags, die Finanzkrise des Unternehmens 1924/25 und seine Einbindung in die nationalsozialistische Autarkie- und Rüstungspolitik mit der erneuten Umstellung der Produktion. Wichtige neue Produkte dieser Periode sind die bei Krupp entwickelten nicht rostenden säurebeständigen Stähle (NIROSTA, V2A), das vor allem für Werkzeuge eingesetzte WIDIA-Hartmetall, Lokomotiven und Lastkraftwagen. Die Zahl der Mitarbeiter im Gesamtkonzern schwankt extrem: zwischen 168.000 am Ende des Ersten Weltkrieges, 30.300 in der Weltwirtschaftskrise 1932 und 243.300 im Jahr 1943.
Gustav und Bertha Krupp von Bohlen und Halbach fühlen sich stark auch der sozialen Tradition des Hauses verpflichtet. So werden die betrieblichen Sozialleistungen, insbesondere der Bau von Werkssiedlungen, fortgesetzt. Es entsteht eine Stiftung für häusliche Krankenpflege. Für kranke Mitarbeiter und ihre Angehörige gibt es Erholungshäuser und eine Zahnklinik. Nach dem frühen Tod des zweiten Sohnes wird das Arnoldhaus für Wöchnerinnen gestiftet. Fortgesetzt wird auch die Tradition, dass Mitglieder der Inhaberfamilie langjährige Mitarbeiter zu besonderen Gelegenheiten, z.B. Goldhochzeiten, persönlich besuchen.
Gustav Krupp von Bohlen und Halbachs Wirksamkeit greift, sicher auch begünstigt durch seine vorherige diplomatische Tätigkeit, über den Rahmen des Unternehmens hinaus. 1921 wird er Mitglied des Preußischen Staatsrats, 1924 zum Präsidenten des Aufsichtsrats der für die Abwicklung der Reparationen geschaffenen Bank für Deutsche Industrieobligationen gewählt und seit 1934 ist er im Verwaltungsrat der Reichsbahngesellschaft tätig. Sehr intensiv arbeitet er seit ihrer Gründung als Senator und 1. Vizepräsident in der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften (heute Max-Planck-Gesellschaft) mit und ist auch in den Aufsichtsorganen einiger Kaiser-Wilhelm-Institute tätig. Gemeinsam mit seiner Frau fördert er die Tätigkeit des Deutschen Museums für Naturwissenschaften und Technik in München. 1931 übernimmt er das Präsidium des Reichsverbands der Deutschen Industrie und führt 1933 dessen Umgestaltung zu dem nach dem Führerprinzip organisierten Reichsstand der Deutschen Industrie durch. 1934 legt er das Amt nieder. Gustav Krupp von Bohlen und Halbach hat sich vor 1933 nicht für Hitler oder die NSDAP eingesetzt, nach Hitlers Ernennung zum Reichskanzler spricht er sich dann aber, aus seiner staatsloyalen Grundhaltung heraus, im Sinne des bestehenden Staates aus. Gustav Krupp von Bohlen und Halbach wird erst 1940 dadurch Mitglied der NSDAP, dass Adolf Hitler ihm anlässlich seines 70. Geburtstages das Goldene Ehrenzeichen der NSDAP überreicht.
Ende 1943 legt Gustav Krupp von Bohlen und Halbach den Vorsitz im Aufsichtsrat der Fried. Krupp AG nieder. Der älteste Sohn Alfried wird mit der Umwandlung des Unternehmens in eine Einzelfirma Alleininhaber. Gustav Krupp von Bohlen und Halbach wird 1945 in Nürnberg vor dem Internationalen Gerichtshof in dem Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher mit angeklagt. Er ist jedoch nach einem Autounfall im Dezember 1944 und nach mehreren Schlaganfällen nicht mehr verhandlungsfähig. Bertha Krupp von Bohlen und Halbach obliegt - gemeinsam mit einer Krankenschwester - die jahrelange Pflege des Schwerstkranken in einem kleinen Nebengebäude der von den Alliierten beschlagnahmten Besitzung Blühnbach bei Salzburg, wo das Ehepaar seit Sommer 1944 lebt. Nach dem Tod ihres Gatten im Januar 1950 kehrt Bertha Krupp von Bohlen und Halbach nach Essen zurück und erlebt hier noch den Wiederaufstieg des Unternehmens. Die Villa Hügel ist jetzt zwar nicht mehr Wohnsitz der Familie, dient aber - nach der Freigabe durch die Alliierten - wieder als Repräsentationsort des Unternehmens, wo Alfried und Bertha Krupp von Bohlen und Halbach Gäste aus aller Welt empfangen.
Alfried Krupp von Bohlen und Halbach (13. August 1907 - 30. Juli 1967)
Alfried von Bohlen und Halbach wird am 13. August 1907 als ältestes von acht Kindern von Bertha und Gustav Krupp von Bohlen und Halbach geboren. Er macht in Essen sein Abitur und beginnt dann mit dem Studium der Hüttenkunde, das er 1934 an der RWTH Aachen als Diplomingenieur abschließt. Nach einem Volontariat bei der Dresdner Bank in Berlin tritt er im Oktober 1936 in das Familienunternehmen ein und wird zwei Jahre später in das Direktorium berufen. Als designierter Nachfolger seines Vaters wird er schon bald zur Mitarbeit in Aufsichtsräten fremder Unternehmen und in Wirtschaftsorganisationen herangezogen. So ist er stellvertretender Vorsitzender der 1942 gegründeten Reichsvereinigung Eisen. 1943 übernimmt er die Unternehmensleitung, wird zum Alleininhaber der Firma und erhält zugleich das Recht, sich Krupp von Bohlen und Halbach zu nennen.
Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs, am 11. April 1945, wird Alfried Krupp von Bohlen und Halbach durch amerikanische Truppen verhaftet. Drei Jahre später verurteilt ihn ein amerikanisches Militärgericht in Nürnberg zu zwölf Jahren Haft und der Einziehung seines gesamten Vermögens. Nachdem er 1951 begnadigt und die Beschlagnahme des Krupp-Vermögens aufgehoben wird, tritt er 1953 wieder an die Spitze seines Unternehmens. Noch im November desselben Jahres beruft er Berthold Beitz (1913 – 2013) zu seinem persönlichen Generalbevollmächtigten. Es gilt, den durch Kriegsschäden, Demontagen und die von den Alliierten geplante Neuordnung der Montanindustrie in seiner Substanz gefährdeten Konzern wieder aufzubauen. Durch neue Produktionsschwerpunkte und die erfolgreiche Rückkehr auf die internationalen Märkte gelingt dies innerhalb weniger Jahre. Ende der 1950er-Jahre gehört Krupp zu den umsatzstärksten Firmen in der Bundesrepublik Deutschland.
Im Frühjahr 1967 kündigt Alfried Krupp von Bohlen und Halbach die bevorstehende, durch den Erbverzicht des Sohnes Arndt ermöglichte Umwandlung des Unternehmens in eine GmbH an, deren Geschäftsanteile bei einer gemeinnützigen Stiftung liegen sollen. Er stirbt am 30. Juli 1967.
Privat hat er kein sehr glückliches Leben geführt. 1937 heiratet er Annelise Lampert, geb. Bahr (1909 - 1998), im Folgejahr wird der Sohn Arndt von Bohlen und Halbach (1938 - 1986) geboren. Die Ehe wird 1941 geschieden. 1952 geht er eine zweite Ehe ein, mit Vera Knauer, geb. Hossenfeld (1909 - 1967). Diese Ehe wird 1957 geschieden. Alfried Krupp von Bohlen und Halbach ist passionierter Segler und Fotograf. Bei den olympischen Spielen 1936 feiert er mit seiner Segelyacht „Germania III“ als Bronzemedaillengewinner seinen größten sportlichen Erfolg. Als Fotograf bereist er die Welt und hinterlässt eine Fotosammlung, die heute im Historischen Archiv Krupp aufbewahrt wird. Seine Schallplattensammlung wird nach seinem Tod der Folkwang-Hochschule für Musik gestiftet.