Dieselfahrverbot als Chance? 3 Mobilitätstrends für unsere Städte
Beim Dieselfahrverbot oder sogar autofreien Innenstädten möchten viele von uns aktuell noch auf die Bremse treten. Um unsere Umwelt zu schützen, muss sich aber etwas ändern. Die positive Nachricht: Es gibt vielversprechende Alternativen, um Städte zukünftig auch ohne Auto schnell, flexibel und nachhaltig zu entdecken.
Neue Jobchance, urbanes Lebensgefühl oder große Liebe: Immer mehr Menschen zieht es in die Stadt. Bis 2050 werden laut einer Studie der United Nations 70% der Weltbevölkerung in den Metropolen rund um den Globus leben. Durch dieses Wachstum verschlechtern sich die Luft- und Lebensqualität. Weil viele den öffentlichen Nahverkehr als unzuverlässig oder schlecht erreichbar empfinden, ist das Auto für Stadtbewohner oft immer noch die erste Wahl. Gleichzeitig versuchen Städte kontinuierlich, ihren Bewohnern eine grünere und lebenswertere Umgebung zu bieten. Aus diesem Grund wird das Dieselfahrverbot aktuell heiß diskutiert.
Dieselfahrverbot: Auftakt zur mobilen Revolution?
Erst Anfang 2019 hat Stuttgart sein Stadtgebiet zur Umweltzone gemacht – und damit rund 300.000 Dieselfahrzeugen im Stadtverkehr den Garaus. Das Verbot wird auch in anderen Städten heiß diskutiert. Denn Fakt ist: In vielen deutschen Städten werden die EU-Grenzwerte für Feinstaub und Stickstoffoxid teils deutlich überschritten. Welche Alternativen zum Auto gibt es? Wir haben uns Projekte auf der ganzen Welt angesehen, die schon jetzt nachhaltige Mobilität in den Städten fördern.
Nachhaltige Stadtplanung: Das Comeback der Fußgängerzone
Moderne Städteplaner wollen das Leben in der Stadt besonders für Fußgänger und Radfahrer besser gestalten. Das ist bitter nötig, denn im vergangenen Jahrhundert hatten vor allem autofreundliche Städte Vorfahrt – ganz zum Nachteil von Fußgängern.
Seit Beginn des PKW-Individualverkehrs prägen immer breitere Straßen das Bild unserer Innenstädte. Ein Trend, der sich zukünftig wieder in Richtung Fußgänger umkehrt?
Die belgische Stadt Gent hat dazu beispielsweise das Projekt „Leefstraat“ – lebende Straße – entwickelt. Das Konzept könnte man sogar mit dem Dieselfahrverbot vergleichen: Bewohner können einen Bereich ihrer Straße für mehrere Monate für den Autoverkehr sperren. Während dieser Zeit nutzen sie alternative Transportmittel wie Elektro- und Transportfahrräder. In Spanien experimentiert Barcelona mit fußgängerfreundlichen „Superblocks“. Dabei wird ein quadratischer Bereich aus neun Blocks für den Autoverkehr gesperrt. So entsteht eine fußgängerfreundliche Zone. Andere planen noch weiter: In Oslo und Madrid sollen die Stadtzentren bis 2019 bzw. 2020 vollkommen autofrei sein.
Mehr über fußgängerfreundliche Städte: www.urban-hub.com/de/sustainability/staedte-fuer-menschen-statt-fuer-autos/
Shared Mobility: Kann mein Smartphone das Auto ersetzen?
Neben Trends im Städtebau sorgen auch digitale Technologien für völlig neue Möglichkeiten, insbesondere im Bereich „Shared Mobility“. So gibt es weltweit bereits mehr als 1.600 Bike-Sharing-Programme. Von Warschau bis Wuhan und von Buenos Aires bis Brüssel dient Bike Sharing als umweltfreundliche Transportoption. Sie trägt dazu bei, das Fahrzeugaufkommen in Städten zu verringern. Neue Programme umfassen oft auch E-Bikes, die das Fahrradfahren bei Steigungen deutlich erleichtern.
Seit einigen Jahren herrscht im Bereich Bike Sharing ein regelrechter Boom – und die Konkurrenz zwischen den Anbietern ist groß. Das freut nicht nur Umweltfreunde, sondern auch jene von uns, die sich mit maximaler Freiheit durch den Stadtdschungel bewegen möchten.
Das ist nicht nur für ältere Menschen, sondern auch diejenigen perfekt, die zu Terminen nicht verschwitzt erscheinen möchten. Ein ganz besonderes Rad ist dabei das „Copenhagen Bike“ – ein normales Fahrrad, das per Austausch des Hinterrads zum E-Bike umgebaut wird. Außerdem kann es Daten über Luftqualität, Verkehrsaufkommen und Co. digital an die Stadt senden. Was bei Fahrrädern funktioniert, gibt es natürlich auch für Autos: Carsharing-Anbieter freuten sich bereits vor einem Jahr über zwei Millionen Nutzer – alleine in Deutschland.
Auch der öffentliche Nahverkehr ist einige Probleme der Vergangenheit konsequent angegangen. Bis vor einigen Jahren war es oft schwierig, die Abfahrtszeiten unterwegs einzusehen. Außerdem waren die Netzte nicht aufeinander abgestimmt und die Möglichkeiten zum Ticketkauf undurchsichtig. In so einer Situation geben viele auf – und nehmen einfach ihr Auto.
Aber die Digitalisierung erleichtert solche Verbindungen heute enorm. Auf dem Vormarsch sind nämlich Apps, die die unterschiedlichen Angebote miteinander verbinden. Sie zeigen alle Transportoptionen für eine bestimmte Fahrt auf und liefern gleich alle Bus- und U-Bahn-Fahrpläne sowie Anfahrtsbeschreibungen mit. In Kombination mit Park-and-Ride-Möglichkeiten ist auch die Verknüpfung von Auto, Smartphone und öffentlichem Nahverkehr leichter und stressfreier möglich.
Mehr über Shared Mobility: www.urban-hub.com/de/smart_mobility/shared-mobility-fuer-weniger-verkehr-sauberere-luft-und-einen-besseren-oeffentlichen-nahverkehr/
MULTI und Co: mit dem Aufzug in ungeahnte Tiefen
Für eine lebenswerte Stadt ist ein effizientes öffentliches Transportsystem unerlässlich. Dem täglichen U-Bahn-Pendler ist oft aber gar nicht bewusst, dass dabei die schnelle und unkomplizierte Beförderung von der Straße zu den U-Bahn-Stationen genauso wichtig ist wie ein funktionierendes Schienennetz. In vielen Großstädten gibt es unter der Erde nämlich eine genauso komplexe Infrastruktur wie über der Erde. Von U-Bahn-Linien und Abwassersysteme über Tiefgründungen für Hochhäuser bis hin zu Katakomben und archäologischen Schätzen.
Schon jetzt führt der Weg in die U-Bahn die Passagiere in vielen Großstädten wie London, Paris oder New York durch ein schier endloses Labyrinth an Gängen. Viele Fahrgäste sind von diesem weiten Fußweg abgeschreckt. Dabei müssten die Netze angesichts der zunehmenden Dichte in den Städten in noch tiefere Lagen ausgebaut werden. Dadurch würden die Wege allerdings noch weiter.
Eine mögliche Lösung sind neue Formen des Transports: Mit der Geschwindigkeit und der Kapazität von flexiblen Aufzugsystemen wie MULTI könnten Stationen problemlos in viel größeren Tiefen gebaut werden als es derzeit mit Fahrtreppen möglich ist. Außerdem können beschleunigende Fahrsteige wie ACCEL die Pendler sozusagen vor ihrer Haustür abholen und zur nächsten Haltestelle der öffentlichen Verkehrsmittel transportieren. So wird der öffentliche Nahverkehr genauso komfortabel wie die Fahrt mit dem Auto.
Mehr über unterirdische Transport-Infrastrukturen: www.urban-hub.com/de/smart_mobility/multi-fuer-die-metro/
Smart Cities: Gemeinsam umdenken ist Trumpf
Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn sagt, dass auch in deutschen Städten zunehmend Offenheit gegenüber solchen Lösungen herrscht: „Mit dem Feinstaub-Alarm hat ein Umdenken in Stuttgart stattgefunden. Die Menschen diskutieren über die Luft in ihrer Stadt und sie nutzen immer öfter Alternativen zum Auto. Das beweisen nicht zuletzt die steigenden Fahrgastzahlen im ÖPNV.“ Die besseren Feinstaubwerte sei auch auf die vielen einzelnen Maßnahmen der Stadt zurückzuführen, so der Oberbürgermeister weiter: „Wir haben in unserer Anstrengung nie nachgelassen. Das zeigt jetzt Wirkung. Hervorzuheben sind hier unsere Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr, die Maßnahmen zur Verkehrsverstetigung, zur Stadtbegrünung oder der große Erfolg des Jobtickets.“
Gemeinsam bilden diese unterschiedlichen Lösungen ein Transportnetz, das alle Bedürfnisse abdeckt. Und sie führen zu der Erkenntnis: Das Dieselfahrverbot sollten wir weniger als Einschränkung des Verkehrs, sondern viel eher als eine Weiterentwicklung betrachten. Denn es befähigt die Bewohner dazu, ihr eigenes Verhalten zu überdenken und so ihre Städte interaktiv weiterzuentwickeln. Und so sind „smarte Städte“ nicht nur digital, vernetzt und nachhaltig: Sie sind vor allem von den Ideen und Wünschen ihrer Bewohner geprägt.