Faszination Tiefsee: Autonome U-Boote erschließen bislang unerforschten Meeresboden
Bis heute sind die Weltmeere und ihr Meeresboden weitgehend unerforscht.
Die Bedingungen auf dem Grund sind für Menschen zu extrem: Es herrscht ein hoher Druck. Seither übt die Tiefsee daher eine große Faszination auf Menschen aus. Vor allem Forscher, Marinen und Versorgungsunternehmen sind daran interessiert, die große Unbekannte zu erschließen. Das Ziel: eine umfassende Kartierung der Tiefsee – eine Art Google Maps für den Meeresboden.
Um Forschern diese begehrten Einblicke zu ermöglichen, haben die Experten von thyssenkrupp Marine Systems ein Unterwasserfahrzeug entwickelt, mit dem unbemannte Expeditionen in der Tiefsee möglich sind – das autonome U-Boot SeaCat. Marian Marbach, Technical Manager bei ATLAS ELEKTRONIK, hat das Fahrzeug gemeinsam mit seinem Team entwickelt und mit uns über die Innovation gesprochen.
„Man weiß noch sehr wenig über den Meeresboden. Für Menschen ist er ein feindliches Umfeld. Bemannte U-Boote zu bauen und loszuschicken, ist deswegen mit einem hohen Aufwand verbunden.“, erklärt der Experte. „Die autonome Welt wird das Ganze verändern. Mit dem Einsatz von autonomen Unterwasserfahrzeugen wie der SeaCat lassen sich exakte Daten vom Meeresboden viel einfacher erheben.“, so Marbach.
Der Grund: Bemannte U-Boote müssen hohen Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz der Bordbesatzung gerecht werden und benötigen zudem Versorgungskomponenten – zum Beispiel für die Sauerstoffversorgung. „Das alles sind aufwendige Bauelemente, die Geld und Platz an Bord kosten.“, erklärt Marbach.
Ein langer Atem für eine große Aufgabe
Die SeaCat ist ein Fahrzeug von moderater Größe und kann sich bis zu 18 Stunden lang autonom unter Wasser bewegen. Für die Erschließung des Meeresbodens bedeutet das einen erheblichen Fortschritt. Pro Tauchgang kann das Unterwasserfahrzeug eine riesige Datenmenge über die Tiefsee wortwörtlich ans Licht bringen. Doch woher weiß die SeaCat, was ihre Aufgabe ist? Bevor das kleine U-Boot auf Tauchgang geht, wird es, vereinfacht ausgedrückt, mit einer Art Fahrplan ausgestattet. Die SeaCat wird also im Vorfeld auf eine bestimmte Aufgabe hin programmiert. Diese kann das Unterwasserfahrzeug dann eigenständig bis zu einer Tiefe von 600 Metern ausführen.
So unterstützt die SeaCat den Bau von Anlagen für erneuerbare Energien
Energiegewinnung ist zunächst kein Gebiet mit dem man autonome Unterwasserfahrzeuge, wie die SeaCat, assoziiert. Zumal die SeaCat in erster Linie in der Vermessungstechnik eingesetzt wird. Jedoch kann das autonome Vehikel wichtige Informationen für den Bau interkontinentaler Strom- und Gasleitungen liefern: Denn es kann Wasserschichten analysieren, Erkenntnisse zu deren Zusammensetzung und der Sedimente des Meeresbodens zur Verfügung stellen.
Mit der SeaCat lässt sich also feststellen, welche Strecken sich auf dem Meeresboden am meisten für das Verlegen von Leitungen und Rohren eignen. Lässt sich der Meeresboden an einer bestimmten Stelle mit den zur Verfügung stehenden Werkzeugen überhaupt bearbeiten? Welche Umweltbedingungen herrschen in der jeweiligen Tiefe und welche entsprechenden Eigenschaften müssten die Leitungen haben, um in dieser Umgebung bestehen zu können?
Ein Segen für die Unterwasserarchäologie
„Die SeaCat kommt auf vielen interessanten Gebieten zum Einsatz. Eines davon ist die Unterwasserarchäologie, wie im Fall der Fundstätte im Arendsee in Sachsen-Anhalt.“, berichtet Marian Marbach. Im Jahr 2003 entdeckte ein Sporttaucher historische Boote und unbekannte Konstruktion im Arendsee.
Wie sich später herausstellte, Zeugnisse verschiedener historische Epochen des Arendsees und seiner Nutzung durch den Menschen. Unter anderem wurden mehrere spätmittelalterliche Boote und ein Fischzaun zur Fischzucht aus dem Neolithikum gefunden. Insbesondere Unterwasserfunde, die teilweise mit Sediment bedeckt sind, sind schwer zugänglich. „Mit ihrer Fähigkeit Sedimentschichten zu analysieren, konnte die SeaCat hier maßgeblich dabei helfen, die Funde zu erschließen.“, erklärt Marbach.
Ein weiteres Beispiel für den Einsatz der SeaCat im Namen der Unterwasserarchäologie aus dem Jahr 2018 ist der „Süße See“, ebenfalls in Sachsen-Anhalt. Im folgenden Video wird der essentielle Beitrag, den die SeaCat für die Unterwasserarchäologie leistet, anschaulich demonstriert:
Eine ganze Menge Technik in einem kleinen U-Boot
Die Kartierung des Meeresbodens durch die SeaCat wird mit Sonardaten erstellt. Ein Hochfrequenz-Mehrstrahl-Echolot und eine auf einer Dreheinheit montierte Kamera ermöglichen zum Beispiel die detaillierte Kartierung von vertikalen Strukturen. Das autonome Boot verfügt über eine umfangreiche technische Ausstattung und maßgeschneiderte Anwendungen, um unterschiedlichsten Anforderungen gerecht zu werden.
Es bleibt spannend, welche weiteren Geheimnisse unter Wasser verborgen sind. Eines ist jedoch klar: Ob es sich unternehmerische, archäologische oder militärische Projekte handelt, die SeaCat revolutioniert die Arbeit des Menschen unter Wasser und wird uns auch in Zukunft immer exaktere Informationen über die Welt unter Wasser liefern.